Ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren...
Wer Heidelberg einmal besucht hat, weiß wovon Fred Raymond gesungen hat. Sofort hat man ein Bild im Kopf: Eine lange, alte Brücke führt über den Neckar, im Hintergrund thront majestätisch die Heidelberger Schlossruine, eingerahmt im satten Grün. Studentenstadt mit Elite-Uni, einer der längsten Fußgängerzonen Europas in einer entzückenden Altstadt - das alles ist Heidelberg, etwas über drei Autofahrtstunden von uns Niederrheinern entfernt.
Im März wollten mein Mann und ich zwei Tage Heidelberg besuchen, während die Mädchen auf Klassenfahrt gewesen wären. Doch Corona hat uns allen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber nun, da Reisen langsam wieder möglich sind, müssen wir endlich einmal wieder raus aus unseren vier Wänden. Wohin ist sofort klar: Unser Heidelberg Trip muss nachgeholt werden, zu veränderten Bedingungen und mit der gesamten Familie.
Hotel Premier Inn:
Ursprünglich hatten wir für unseren Trip zu zweit ein Zimmer im historischen Hotel zum Goldenen Ritter gebucht (Anmerkung 10/2021: inzwischen leider insolvent, Corona-geschuldet?!) und fanden es überaus schade, als wir es aufgrund der Reisewarnung stornieren mussten. Das hübsche Gebäude mit Renaissancefassade befindet sich unter Denkmalschutz, liegt mitten in der Altstadt und gehört mit zu den meistfotografierten Gebäuden in Heidelberg. Doch nun ist es noch bis Anfang Juli geschlossen und wäre für uns vier auch etwas zu teuer. Also muss eine günstige Alternative her, die nicht ganz so weit außerhalb liegt.
Das neu eröffnete Hotel „Premier Inn“ in Nähe des HBFs auf der Kurfürstenanlage 25, ist nur knappe 1,5 Kilometer von der Altstadt entfernt. Ich habe mit meiner Tochter bereits im Premier Inn in Frankfurt während der Buchmesse gewohnt und habe die Premier-Inn-Kette in sehr guter Erinnerung behalten. Daher schlage ich zum aktuellen und phänomenal günstigen Preis von 39 Euro pro Nacht und Doppelzimmer für drei Nächte zu.
Das Hotel hat sich auf die aktuellen Hygieneregeln eingestellt: Die Zimmer werden erst nach sechs Tagen Aufenthalt gereinigt und vollständig desinfiziert. Handtuchwechsel und Co. erfolgt unkompliziert bei Bedarf. Frühstück wird nicht angeboten. Jeder Gast hat jedoch die Möglichkeit sich morgens kostenfreien Kaffee an einem der zwei Kaffeevollautomaten im Frühstückstraum zu zapfen und sich an den Croissants (einzeln in Butterbrottüten verpackt) zu bedienen und sich in die gemütlichen Sessel oder im bestuhlten Innenhof in die Sonne zu setzen. Außerdem gehört ein Wasserkocher in den Zimmern zum Standard. Instantkaffee und/oder Tee erhält man an der Rezeption. Das reicht, um nicht mit ganz nüchtern in den Tag zu starten.
Das Hotel besitzt ein paar Stellplätze im Parkhaus des Scheck-Inn Centers, das sich im gleichen Gebäude befindet, und kostet 18 Euro/Nacht (nicht reservierbar). Wir haben die Doppelzimmer mit jeweils zwei Einzelbetten gebucht, da ich im Vorfeld gelesen habe, dass die Doppelbetten recht schmal sind und nur eine Decke besitzen (sicherlich kann man sich vom Hotel auf Anfrage eine zweite Decke geben lassen). Wir kommen am Fronleichnam-Nachmittag bei schönstem Sonnenschein in Heidelberg an. Die Hotelparkplätze sind alle besetzt, wir stellen uns erst einmal auf den Standplatz einer fremden Firma und parken später um. Der Check-In ist schnell erledigt. Das Personal ist freundlich, die Zimmer schön, großes TV-Gerät an der Wand, Klimaanlage, gepflegtes Bad mit großer Duschkabine. Das Hotel war eine super Wahl!
Heidelberger Altstadt – Alte Brücke, Brückentor, Brückenaffe
Wir legen uns kurz ab und machen uns dann auf den Weg in die Altstadt: Raus aus dem Hotel, rechts halten, über die Ampel, vor uns liegt die Stadtbücherei (die abends sehr nett und bunt beleuchtet wird), durch den kleinen Park, an der Körperweltenausstellung und am Café Rossi vorbei. Das Café Rossi wird uns in unserem Marco-Polo-Reiseführer (mein favorisierter Reiseführer, weil der nicht so überladen daherkommt) in einer Erlebnistour als Startpunkt für ein gutes Frühstück vorgeschlagen. Aber zum Café Rossi kommen wir noch später. Nun überqueren wir erst einmal den Bismarckplatz und erreichen den Anfang der Altstadt, die Hauptstraße. Die 1,6 Kilometer lange Fußgängerzone wartet mit zahlreichen Geschäften und wunderschönen Gebäuden und Plätzen nur darauf, erkundet zu werden.
Da wir Feiertag haben, sind die Geschäfte geschlossen. Wir haben Hunger. Auswahl an Restaurants gibt es reichlich. Die ganze Hauptstraße und die Nebengassen entlang reiht sich ein Restaurant nach dem anderen. Wir kommen an dem (geschlossenen) Hotel zum Ritter vorbei („Wie schade, dort hätte ich wirklich gerne übernachtet“) und biegen dort in die kleine Seitenstraße zur Heiliggeistkirche und in die Steinstraße ein, an deren Ende das markante Brückentor der Alten Brücke steht. Die alte Steinbrücke wurde von Kurfürst Karl Theodor im 18. Jahrhundert erbaut. Wir flanieren einmal drüber, schauen auf den Neckar hinab und zum Schloss hinüber, schießen ein paar erste Fotos und suchen uns danach einen sonnigen Platz im Außenbereich des Phuket Thai-Restaurant mit Blick auf das Brückentor.
Anschließend statten wir dem
Brückenaffen einen Besuch ab. Im Kopf des Bronzeaffen von Prof. Gernot Rumpf, der 1979 an dieser Stelle aufgestellt wurde, befindet sich ein Hohlraum, in den man seinen Kopf
hineinstecken und durch die Augen herausschauen kann. Auf der Seite des Heidelberger
Stadtmarketing habe ich gelesen, dass jeder der nach Heidelberg zurückkehren möchte, über die ausgestreckten Finger der rechten Affenhand streichen soll. Wer über die kleinen Bronzemäuse
daneben streicht, darf sich über viele Kinder freuen. Wohlstand erhält derjenige, der den Spiegel, den der Affe in der Hand hält, berührt. Kommt man von der Brückenseite, streckt der Affe einem
das blanke Hinterteil entgegen. Eine alte, verschwundene Version des Affen war schon früher Wahrzeichen der Stadt und sollte unerwünschte Besucher verspotten.
Shoppen, Bummeln, Karl-Ruprechts-Universität, Universitätsbibliothek
Am Freitag sind die Geschäfte geöffnet. Meine 16jährige Tochter hat beschlossen, die Wirtschaft in Heidelberg anzukurbeln und die Einzelhandelsgeschäfte zu unterstützen. Die typischen Ketten wie H&M, Levis, C&A, Deichmann, Salamander sind ebenso vertreten wie unzählige kleine Erinnerungslädchen. In Alex Wein & Spirituosen Laden kaufe ich Heidelberger Melonenschnaps und Heidelberger Gin. Während unsere Töchter anscheinend kein Problem damit haben, bei strahlendem Sonnenschein und 28 Grad mit Masken von Geschäft zu Geschäft zu ziehen, klinken mein Mann und ich uns aus und erkunden lieber die ruhigeren Seitenstraßen und Sehenswürdigkeiten.
Die weltbekannte Karl Ruprechts Universität zählt zu den ältesten Universitäten Europas und zieht auch aus dem Ausland viele junge Leute nach Heidelberg. Über 30.000 Studenten leben und studieren an der Elite Uni, die schon einige Nobelpreisträger hervorgebracht hat. Die Stadt wimmelt nur so vor jungen Leuten. Eine Studentenstadt wie aus dem Bilderbuch! Es lohnt sich, bei schönem Wetter am Universitätsplatz in Zekis Uni-Café einen Platz unter den großen Bäumen zu suchen und dort ein Stück Kuchen zu essen. Natürlich statten wir der beeindruckenden Universitätsbibliothek einen Besuch ab. Vor dem Studentenkarzer, in dem früher die Studenten in den Arrest geschickt wurden, wenn sie über die Stränge geschlagen hatten, steht eine lange Schlange. Uns ist an diesem sonnigen Tag wenig nach Museumsbesuchen.
Insgesamt braucht man nicht lange, um sich in Heidelbergs süßen Gassen wohl und zurechtzufinden. Alles geht ineinander über. Verlaufen ist fast unmöglich. Die Altstadt besitzt viele schöne stimmungsvolle und weitläufige Plätze, wie den Universitätsplatz, den Karlsplatz oder den Kornmarkt. Am Kornmarkt mit dem großen imposanten Muttergottesbrunnen soll dreimal am Tag vom Turm des Rathauses die Melodie „Ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren“ zu hören sein, aber leider bekommen wir das nicht einmal mit.
Zur Pause landen wir im Innenhof des Schnookelochs , das zufällig ebenfalls im Reiseführer erwähnt wird. Auf der Karte stehen deftige Speisen, wie Haxen, aber auch Nudeln, Salate und Überbackenes. Zur Stärkung noch ein Frozen Jogurt bei Yolicious in der Ziegelgasse und dann kann es weitergehen mit dem Altstadtbummel.
Theodor-Heuss-Brücke, Neckarwiese
Für unseren Abendausflug legen wir einen Stopp im Hotel ein, um kurz auszuruhen. Gegen 19.15 Uhr überqueren wir am Bismarckplatz die Theodor-Heuss-Brücke zur Neckarwiese. Die sattgrüne, top gepflegte Wiese ist gut von überwiegend jungen Menschen besucht. Viele haben sich ein Picknick mitgebracht und hocken in kleineren Gruppen zusammen. Ein paar Schwäne mit Nachwuchs schwimmen auf dem Neckar und wir chillen in der Abendsonne.
Später laufen wir auf dieser Seite des Flussufers wieder Richtung Alte Brücke, um in der Altstadt ein Restaurant zu suchen. Wir flanieren an den vielen schönen Häusern und dem Heidelberger College (ein Privatgymnasium mit Internat) vorbei. Mein Mann liebäugelt immer wieder mit dem Philosophenweg, der auf dieser Seite beginnt, steil nach oben führt und eine wunderbare Aussicht auf Heidelberg verspricht. Doch „steil“ und „oben“ hört sich für uns nach diesem anstrengenden Tag (meine Fitness-Uhr zeigt an diesem Tag mehr als 17 gelaufene Kilometer) nicht gerade verlockend an und morgen wollen wir doch hoch zum Schloss!
Gegessen wird beim Italiener. Die Restaurants sind voll (Abstandregelung), aber wir finden einen Platz im Ristorante Mercato, das zwischen Alter Brücke und Heiliggeistkirche liegt. Wir sind dankbar für das wunderbare, warme Wetter und dass wir bis spät abends noch ohne Jacke draußen sitzen und essen können. Unsere Töchter sind k.o. und wollen nach dem Essen ins Hotel zurück. Mein Mann und ich nehmen auf dem Heimweg noch einen Drink im Café Rossi, dessen Außenbereich abends einfach nur einladend wirkt. Wir trinken einen super leckeren „Heidelbeer Spritzer“ mit Weißwein, Heidelbeersirup, frischer Minze und Sodawasser.
Bergbahn, Schloss Heidelberg
Am Samstag machen wir uns zum Schloss auf. Bis auf meinem Mann hat keiner Lust den Weg nach oben zu Fuß zu laufen. Es ist warm und die Fußsohlen brennen bereits jetzt schon. Also setzen wir uns in die moderne Bergbahn und steigen am Schloss aus. Der Preis beträgt 8 Euro für Erwachsene, Kinder zahlen 4 Euro, Eintritt zum Schlosshof, Fasskeller und in das Deutsche Apotheken-Museum inklusive. Will man weiter zum Königsstuhl, dem höchsten Berg des Odenwalds, muss man ein Stück weiter zur Station Moltkekur fahren und dort in die alte Bergbahn umsteigen. Allerdings teilt man uns schon unten beim Ticketverkauf mit, dass die Wartezeiten für die Holzbahn über eine Stunde beträgt -wahrscheinlich auch Corona-bedingt. Also buchen wir den Königsstuhl erst einmal nicht mit.
Die Aussicht auf die Altstadt ist auch von der Schlossruine umwerfend und beeindruckend. Wir besichtigen kurz das große Weinfass (Fassungsvermögen um die 200.000 Liter). Das Apothekermuseum lassen wir aus, ebenso wie eine Schlossführung, die man vorab extra buchen musste. Uns reicht es, bei dem Top-Wetter durch den Schlossgarten zu laufen und die wirklich spektakuläre Aussicht auf die Stadt zu genießen. Der Garten ist groß, grün, gepflegt und weitläufig. Hier lässt es sich aushalten.
Den Königsstuhl müssen wir dann wirklich
ausfallen lassen, denn die Wartezeit hat sich inzwischen noch einmal auf zwei Stunden erhöht. Und so geht es später mit der Bahn wieder nach unten. Uns knurrt der Magen. Ein bisschen fehlt das gehaltvolle Hotelfrühstück, mit
dem man normalerweise bei Städtetrips in den Tag startet, ja doch. Wir suchen eine Einkehrmöglichkeit im Freien und laufen Richtung Untere Straße, die mit vielen Bars und
kleineren, einfacheren Lokalen zum Verweilen einlädt. Einen freien Tisch zu finden gestaltet sich heute etwas schwieriger, zumal wir unbedingt draußen aber auch im Schatten sitzen wollen.
Schließlich landen wir in der Osteria Alfredo. Das Lokal ist schlicht, das Essen top, die Preise unschlagbar!
Fahrt über den Neckar, Schlangenweg am Philosophenweg
Angesichts der Temperaturen wollen wir nun eine Runde mit dem Motorboot über den Neckar fahren und unseren Füßen eine Pause gönnen. Also wieder rüber auf die andere Flussuferseite und angestellt beim Bootsverleih am Neckarufer. Motorboote sind heute besonders beliebt. Wir warten eine Weile, weil wir auf keinen Fall auf ein langweiliges Tretboot ausweichen wollen. Eine dreiviertel Stunde später schippern wir dann mit unserem kleinen Boot dreißig Minuten zwischen den Brücken hin und her. (Preis: 25 Euro für 30 Minuten, danach 10 Minuten 4 Euro, abgerechnet wird bei Rückgabe, Pfand muss hinterlegt werden).
Da wir nun wieder praktisch direkt am Eingang des Philosophenweg-Rundgangs stehen (vom Bootsverleih nur die Bergstraße hoch und dann geht es rechts in den Philosophenweg rein), überredet mein Mann mich zum Aufstieg. Er hält mir sein Handy mit seiner Wander-Komoot-App vor die Nase: „Guck mal, sind doch nur 3 Kilometer.“ Meine 16jährige Tochter ist überraschenderweise dabei, meine 12jährige muckt. Sie hat keine Lust mehr zu laufen (auch an diesem Tag reißen wir gute 15 km ab). Nur sehr widerwillig läuft sie hinter uns her. Es geht steil bergauf und wir schwitzen. Selbst das phänomenal schöne Philosophengärtchen kann sie nicht besänftigen. Mich begeistert es allerdings total! Das Foto könnte auch in Italien oder auf Korfu aufgenommen worden sein! Am Schlangenweg kürzen meine Tochter und ich also die Komoot-Wanderung ab und laufen die vielen unebenen Stufen nach unten (hier ist Konzentration und definitiv flaches Schuhwerk angesagt) und landen wieder an der Alten Brücke, während mein Mann meine 16jährige mit „Golden-Hour-Fotos“ weiter nach oben lockt.
Ausklang beim Mexikaner und im Café Rossi
Als wir wiedervereint sind, lassen wir unseren letzten Abend mexikanisch im Coyote Café ausklingen (das mexikanische Thema ist nicht ganz so einfach zu erkennen, weil der Laden noch mit „Doktor Flotte“ beschriftet ist).
Für einen Absacker landen mein Mann und ich dann erneut im Café Rossi. Die Drinks sind dort einfach zu lecker (diesmal gibt es ein GinFizz mit frischen Erdbeeren und Minze), die Bedienung ist schnell und fit und die abendliche Atmosphäre unter den großen Bäumen stimmungsvoll und nett.
Sonntagmittag verlassen wir die wundervolle
Stadt und ich muss gestehen: Auch ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren.
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