Warum ich dieses Jahr meine Weihnachtsgeschenke doch wieder online shoppe

Dieses Jahr werde ich meine Weihnachtsgeschenke in der Stadt kaufen. Ich werde Online-Shops weitestgehend vermeiden. Ich werde in Buchläden, Kaufhäuser und kleine Fachgeschäfte gehen und es wird mir egal sein, wenn ich ein paar Euro mehr bezahle. Ich werde meinem Anteil dazu beitragen, den Internetriesen die Stirn zu bieten und die Ausbeutung der Paketboten nicht weiter unterstützen.

Ich starte meinen Weihnachtseinkauf vormittags, ohne Kinder und voller Motivation. Hey, wir haben Vorweihnachtszeit, die Schaufenster sind festlich dekoriert und die Weihnachtsmusik schallt aus den Lautsprechern. Ich kann mich zwischendurch in ein nettes Café setzen und mich bei einem leckeren Latte Macchiato wieder aufwärmen. Das hat doch Stil, das hat Atmosphäre! Wer braucht den Onlineshop?

 

Zuerst laufe ich bei dem kleinen süßen Spielwarenladen ein, der durch seine etwas ungünstige Lage an der Großbaustelle im nächsten Monat schließen wird. Nicht nur weil dort Ausverkauf ist und man das ein oder andere Schnäppchen machen kann, sondern weil es dort so viele nette Dinge gibt, die man sonst nicht bemerkt. Ich schlage beim Puppenzubehör zu und bei den Spielen. Leider finde ich das Spiel, was ich meiner Siebenjährigen unbedingt schenken möchte dort nicht. Aber was soll es? Ich habe Zeit und werde es einfach im nächsten Laden versuchen. Gut gelaunt verlasse mit zwei großen, unhandlichen Tüten das Geschäft.

 

Es regnet inzwischen und ich ärgere mich, dass ich die Jacke ohne Kapuze angezogen habe. An den Schirm habe ich zwar gedacht, aber leider keine Hand mehr frei um ihn zu halten. Im Drogeriemarkt besorge ich ein paar Weihnachts-Accessoires und Kerzen. Danach ziehe ich weiter Richtung Innenstadt.

 

Endlich bin ich im Kaufhaus. Innerhalb einer Minute bricht mir der Schweiß aus. Ist das warm hier drin! Die nassen Klamotten kleben an meinem Körper, die Tüten schneiden sich in meine Hände und meine Schulter, über die ich meine Handtasche mit den Kerzen geschwungen habe, fällt ebenfalls gleich ab.

In der Spielwarenabteilung suche die die Gänge nach dem Spiel für meine Tochter ab. Mensch, genau, ich brauche ja noch den Playmobil Bauernhof! Aber die Packung ist so riesig, dass ich die unmöglich auch noch mitnehmen kann und das Spiel gibt es hier auch nicht. Meine Laune sinkt langsam. Ob ich es in dem kleinen Spielwarenladen in der Passage noch einmal versuche? Mist, dann muss ich die ganze Runde durch die Innenstadt noch einmal laufen. Ich schaue auf die Uhr. Es ist auch viel zu spät, gleich kommen die Kinder von der Schule und ich habe noch nichts gekocht.

Ich könnte Samstag noch einmal in die Stadt fahren. Aber wo kriege ich meine Kinder untergebracht? Die Kinder hassen es durch die Geschäft zu ziehen. Man bekommt sie maximal in den Buchladen oder in die Spielwarengeschäfte und auf den Weihnachtsmarkt. Und wer weiß, ob der Laden in der Passage das Spiel überhaupt hat und außerdem soll es ja eine Überraschung sein. Außerdem ist die Stadt an den Weihnachtssamstagen immer gnadenlos überfüllt und man steht stundenlang an den Kassen an.

Ich bin froh, endlich im Parkhaus anzukommen und die unhandlichen Tüten in den Kofferraum schmeißen zu können. Durchgeschwitzt reiße ich die Jacke vom Leib. Für den Kaffee blieb keine Zeit und den Buchladen habe ich ebenfalls nicht mehr geschafft. Auf die Schlepperei mit den schweren Büchern, hätte ich sowieso jetzt keine Lust mehr.

 

Abends schmeiße ich den PC an und google nach dem Spiel und den Playmobilbauernhof. Ich könnte ja doch?! Zehn Minuten und ein paar Klicks später habe ich meine restlichen Weihnachtseinkäufe erledigt. Ganz einfach und günstig, ohne Regen, eingeschnittenen Händen und Zeitdruck. Ein bisschen plagt mich das schlechte Gewissen. Wie war das mit meinem Vorsatz?

Aber dann bin ich erleichtert, dass ich die wichtigsten Dinge erledigt habe. Die Welt dreht sich nun mal und wer nicht gerade unter gnadenlosen Zeitüberschuss leidet und die gut ausgestatte Großstadt vor der Nase hat, dem hilft der Internethandel unbestritten. Ich bin Mutter von zwei Kindern. Wenn ich es überhaupt mal schaffe, meine Tochter in einen Klamottenladen zu schleifen, um zum Beispiel eine Winterjacke zu kaufen, kann ich davon ausgehen, dass ihr entweder keine Jacke gefällt oder das einzig in Frage kommende Exemplar nicht in ihrer Größe vorrätig ist. Wie einfach ist es, die Jacke in Ruhe im Internet auszusuchen und zuhause anzuprobieren? Wie einfach ist es, den Playmobilbauernhof und das Spiel, für das ich mir in der Stadt umsonst die Hacken abgerannt habe, an der Tür überreicht zu bekommen?

 

Ich denke, es ist die goldene Mitte. Ich werde die kleinen Dinge, die Spontaneinkäufe, die mir Spaß machen weiterhin in der Stadt erledigen. Meine Internetkäufe habe ich gestreut und die Bücher diesmal in verschiedenen Buchläden online gekauft. Auch wenn ich selber E-Book-Autorin bin und meine Tochter einen E-Book-Reader besitzt, schenke ich ihr zusätzlich Printbücher. Und es gibt ja nicht nur den einen großen Shop. Für die unterbezahlten und unter akuter Zeitnot leidenden Paketboten, habe ich ein Kästchen mit einzelnen Eurostücken eingerichtet. Griffbereit steht es in der Küche und wenn der Bote klingelt, bekommt er ein kleines Trinkgeld und das nicht nur in der Vorweihnachtszeit, sondern bei uns ab sofort das ganze Jahr über. Was ist euch euer Komfort wert?

Am Wochenende werde ich gemütlich durch die Geschäfte schlendern, den Einzelhandel beglücken, auf dem Weihnachtsmarkt einen Glühwein trinken und nicht mehr mit mir hadern, dass ich doch wieder ein paar Dinge online gekauft habe.

 

Dieser Blog ist auch auf der Huffington Post erschienen